:: Politisches aus Frankfurt (Oder) ::

Stadtleben

Der letzte Versuch nochmal Heimatverbundenheit zu üben oder soll das der Universitätsball gewesen sein?

Ich kann dem positiven Tenor des Artikels leider nicht folgen. Mag ja sein, dass der Ball für Frankfurter Verhältnisse immer noch schön und groß und ausgelassen war. Gemessen an dem was er sein sollte – der 17. Universitätsball der Viadrina – war er jedoch nur noch ein Schatten seiner selbst. Und das ist traurig, dass man es in Frankfurt (Oder) selbst schafft eine so eingefahrene und etablierte Veranstaltung wie den Uniball auf das übliche, lokale Provinzniveau zu ziehen.

Nie zuvor bei einem Uniball habe ich so wenige Studierende gesehen. Stattdessen die üblichen Frankfurter Stadtoberen und jene die sich dafür halten. Wenn man sich dort umsah kam unweigerlich der Verdacht auf, dass es dem Hanseclub wohl in erster Linie darum ging seinen Hanseball stattfinden zu lassen. Die Universität und ihre Studierenden verkamen zu Statisten und billigen Programmbeilagen.

Das ist gleich in mehrfacher Hinsicht schade, denn nicht nur dass der Stadt damit eine Traditionsveranstaltung abhanden kommt, die gerade auf Grund ihres Flairs und ihrer Andersartigkeit das gesellschaftliche und kulturelle Leben auf angenehme Art bereichert hat, sondern auch weil diese Veranstaltung so ziemlich die einzige war, wo Studierende und Stadt in größerem Maße zusammenfanden.

Darüber hinaus war der Uniball eine wichtige Anlaufstelle für ehemalige, die in den letzten Jahren oft weite Anreise auf sich nahmen, um sich hier einmal mit Jahr wieder mit den ehemaligen Kommilitonen zu treffen. Auch, wenn der Autor anhand seines Münchener Beispiels suggeriert, dass dies auch in diesem Jahr der Fall war, war meine Wahrnehmung eine gänzlich andere. Verglichen mit den Vorjahren war die Quote der “Heimkehrer” erschreckend gering.

Als ich gegen 22.30 Uhr das erste Mal in der “Disko” war, jenem Raum, der in den Vorjahren zwangsläufig zum Anziehungspunkt der Studierenden wurde, die der Spießigkeit und Formalia des Festsaals entgehen wollten, herrschte gähnende Leere. Ganze 6 (in Worten: sechs) Besucher hielten sich dort auf. Später wurde es etwas voller, aber es war nicht ansatzweise mit den Vorjahren zu vergleichen. Wie auch? Nicht nur, dass nur ein Bruchteil der Studierenden da waren, bereits ab 23 Uhr konnte man – ausgerechnet junge Besucher – bei der Abfahrt beobachten. Von Feierlaune bis 4-5 Uhr morgens, wie in der Vergangenheit – war an diesem Abend nicht viel zu spüren.

Wenn Herr Pleuger vor dem Hintergrund dieses Abends noch an seinem langjährigen Leitsatz festhält, dass ihm der Uniball besser gefalle, als der Berliner Presseball, dann darf man ihm gratulieren. Dann ist er wohl entgültig in Frankfurt (Oder) angekommen und hat das lokale System der Scheuklappen vollends adaptiert.

Auch das Hervorheben der Stimmung in der Wandelhalle im Artikel kann ich nicht nachvollziehen. Im Vergleich zu den Vorjahren war diese gähnend leer. Die vielfältigen Angebote, die in der Vergangenheit die Atmosphäre geprägt hatten (Crêpe-Verkäufer, Promostände des Casinos, etc.) waren verschwunden. Stattdessen gab es nur noch das MUV-Catering-Einerlei.

Wie überhaupt die Messe- und Veranstaltungs GmbH die Krönung des Abends darstellte. Wer in den letzten Jahren auf Grund einschlägiger Erfahrungen mit der Cateringsparte dachte, dass es nicht mehr schlimmer geht, der wurde eines besseren belehrt. Ich habe in den vergangenen 15 Jahren noch nie so eine beschämende Leistung einer städtischen Einrichtung erlebt, wie an diesem Abend durch die MUV, unter ihrem neuen Interimsgeschäftsführer Markus Derling.

Noch einmal zur Erinnerung: Der Tisch im Festsaal kostete 400 Euro. Dafür saß man dann – aber mehr auch nicht. Ich habe von 20-22 Uhr auf einen Kellner gewartet, um etwas zu trinken zu bestellen – aber es kam niemand. Danach wurde es mir zu bunt und ich habe mir etwas an einer der Bars geordert. Vor dem Hintergrund dieses Frusts, dachte ich mir, auf dem Balkon eine Rauchen zu gehen. Der nächste Fehler. Denn obwohl der Balkon immer als Raucherbalkon diente – dort auch Aschenbecher stehen – schritten MUV-Mitarbeiter diesmal schroff ein und zählten die Gäste an, sie hätten die falsche Tür benutzt. Der Hintergrund: Von den drei oder vier Türen, die auf den Balkon führten, durfte nur eine benutzt werden, die anderen waren offiziell als Notausgänge vorbehalten. Das Problem: Alle Türen sahen gleich aus und waren gleichermaßen zugänglich (war ja auch in den letzten Jahren nie ein Problem). Ein Problem hingegen war der Ton der MUV-Mitarbeiter, der jeden Feldwebel beim Apell wie ein schüchternes Schulkind hätte erscheinen lassen. Der Hinweis entsetzter Besucher, man könnte ja ggf. einen Zettel an die nicht zu benutzenden Türen hängen wurde kommentiert à la “Man könne ja gefälligst selbst mal nachdenken.” Kurz darauf kam dann der nächste Präventionsschlag der MUV-Mitarbeiter, die in nicht weniger resolutem Ton jeden auf dem Balkon anschnauzte, dass man gefälligst seine Gläser und Becher wieder selbst mit reinzunehmen habe, wenn man schon meint auf dem Balkon etwas trinken zu müssen.

Ich bin – auch zwei Tage danach – noch fassungslos über ein solches Auftreten von Mitarbeitern einer städtischen Einrichtung. Bis auf eine Handvoll Thekenkräfte, die auch im Streß noch freundlich blieben, hat von den dort eingesetzten Mitarbeitern keiner etwas im Service- oder Dienstleistungsbereich verloren. Und bei aller Kritik, die man gegenüber dem ehemaligen MUV-Geschäftsführer in den letzten Jahren geäußert hat, aber so schlimm war es nie. Vielleicht lag das aber auch daran, dass Wieners durchaus auch durch die Gänge ging und hin und wieder mal mit den Mitarbeitern redete, wenn ihm etwas negativ auffiel. Derlings verstand seine Rolle als Gastgeber und gab sich damit zufrieden auf der Treppe Hände zu schütteln und sich selbst und seiner Kollegin vom Hanseclub im Festsaal auf die Schulter zu klopfen.

Wenn das der “neue” Universitätsball ist, dann sollte man ihn tatsächlich einstellen und sich mit Freude an die rauschenden Nächte der Vergangenheit erinnern. Denn das was am Samstag dort abging war beschämend für diese Traditionsveranstaltung. Sollte man ihn nicht aufgeben wollen, dann bitte lieber wieder nach dem Motto “zurück zu den Wurzeln” als in dieser Form. Dann lieber – auch, wenn es logistisch etwas komplizierter ist – wieder ein klassischer Uniball im Ramada Treff. Früher hat das ja auch funktioniert. Aber bitte, Universität, löse Dich aus dieser unsäglichen Umklammerung von Hanseclub und MUV.

Vielleicht – auch das muss in einer kritischen Betrachtung erlaubt sein – sind die Zeiten der großen Unibälle aber auch einfach vorbei. An einer Universität, an der über 2/3 der Studierenden nicht mehr am Standort wohnen, wo seit Jahren die Semestereröffnungs- und abschlussparties in Berlin organisiert werden, muss evtl. die Konsequenz gezogen werden, dass man keine Bälle mit 500-600 Studenten mehr hinbekommt. Traurig, aber dann ist es so. Aber man möge doch bitte nicht versuchen, das Ausbleiben der Studenten dann mit Hanseclubmitgliedern auszugleichen – zumindest nicht unter dem Namen Universitätsball. Das würde die letzten verbliebenen Studenten und Ehemaligen auch noch verschrecken.