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Das Kreuz mit der Kreisfreiheit oder ein ex-Frankfurter uns zu erniedrigen

kf-dialogDas war er also, der erste Bürger*innen Dialog zum „Entwurf des Leitbildes für die Verwaltungsstrukturreform 2019“ in Frankfurt. Seit Wochen läuft in der Oderstadt die Kampagne „Mein Herz schlägt Kreisfrei“. Am gestrigen Abend stand der erste “Bürgerdialog” in Frankfurt auf dem Programm, Ort des Gefechts- und Säbelrasselns: das Kleist Forum.

Es bescherte den Hausherren der Messe und Veranstaltungs GmbH ein volles Haus am Abend und ein gut besuchten „Bürgermarkt“ am Nachmittag. Aber auf jeden Fall eine unwürdige Diskussion, Debatte oder was auch immer über Frankfurt (Oder) und das sehr kontrovers vier Stunden lang.

Frankfurter Pöbel

Verloren haben beide Seiten, jede Seite wartete mit Argument für und gegen die Verwaltungsstrukturr­eform bzw. Kreisfreiheit auf. In der Oderstadt will man am Status quo festhalten und im Innenministerium will, muss, möchte man das Land Brandenburg für 2030+ aufstellen. Soweit so gut. Auf Seiten der Stadt versucht der OB das bisschen Tafelsilber, was noch da ist, vor dem Land zu retten. Er zeigte sich sowohl am Abend als auch schon in den Wochen zuvor wenig bis gar nicht begeistert von dem Leitbildentwurf und zeigte in seinem bisherigen Auftreten wenig Dialogbereitschaft gegen über dem Land. Das kann man schon machen, nur wenn es dann an den Verhandlungstisch geht, um das „Was und Wie“ im Land und um die Reform selber, dann redet das Land halt möglicherweise auch nicht mehr mit ihm oder mit uns als Stadt. Dann packe er die Kiste mit dem Tafelsilber und verbuddle sie in der Marienkirche, damit sie keiner findet.

Ein Herr uns zu erniedrigen

Auf der anderen Seite das Land, namentlich vertreten am gestrigen Abend durch den Innenminister Karl Heinz Schröter und durch die Staatssekretärin für Finanzen Daniela Trochowski.

Das Schröter hier als Minister und Kopf der geplanten Reform auftritt war klar, dass aber versucht wird, ihn als ehemaligen Frankfurter zu verkaufen, war strategisch mehr als ungeschickt und wurde dementsprechend honoriert vom Publikum. Mag sein, dass er hier geboren ist, mag sein, dass er hier vielleicht auch aufgewachsen ist. Aber ihn als „einen von uns“ zu verkaufen, ging voll in die Hose.

Mit seinen Beiträgen zur Attraktivität oder nicht Attraktivität der Stadt sorgte er für Befremden, wenn nicht sogar für den Super-GAU. „Frankfurt hat immerhin seit der Wende 30.000 Einwohner verloren und die Stadt ist ja (inzwischen) so schlecht, dass selbst Flüchtlinge nicht bleiben wollen“. Ebenso verglich er die Fluchtursachen der derzeit nach Deutschland kommenden Menschen mit den Fluchtursachen aus Frankfurt (Oder) nach 1990. Die Nummer war erniedrigend und in der Debatte wenig hilfreich, wird den Menschen aber im Gedächtnis bleiben.

Der heutigen Diskussion, ging eine Kommission im Landtag aus der letzten Wahlperiode vorraus, welche aus Wissenschaftler*inne­n, Vertreter*innen der Kommunen und Politiker*innen aller Parteien bestand. Diese hatte einen Bericht vorgelegt, welcher der Ursprung für den Leitbildentwurf ist. Diese Arbeit in einer vierstündigen Diskussion den Bürger*innen darzustellen, was andere mehrere Jahre entwickelt und erarbeitet haben, sorgte dafür, dass viele Anwesende den Ausführungen vom Podium nicht folgen konnten bzw. das Gesagte nicht nachvollziehen konnten/können. Dabei war es wenig hilfreich, nur Ängste zu schüren und die sich anbahnenden Veränderungen nur einseitig zu beleuchten.

Vom Dialog zum Monolog

Zum Schluss bleibt festzuhalten, dass vieles offen geblieben ist z.b. wie ein Absinken der sozialen Standards verhindert wird, aber auch wie Verwaltungsstrukture­n erhalten werden soll, auf welche die Bürger*innen regelmäßig angewiesen sind. Warum es unbedingt eine Einkreisung sein muss blieb Schröter gestern schuldig. Ebenso sollte er sich vielleicht schon fragen, ob es nicht auch eine Stadt-Umland Kooperation tut und es nicht jetzt schon möglich ist, eine Teilentschuldung und solidarische Lastenverteilung anzuschieben.
Es mag aus Landessicht durchaus Fakten und Zwänge für eine Verwaltungsstrukturr­eform geben, diese wurden auch dargelegt, aber die Art und Weise, wie sie den Bürger*innen schmackhaft gemacht werden soll, sorgte nicht erst bei der Veranstaltung in Frankfurt für Befremden und stößt folglich auf Protest und Gegenwehr. Auch in Brandenburg/Havel gab es ähnliche Reaktionen. So wird aus dem Versuch, einen Dialog zu führen, ein beidseitiger Monolog, da beide Seiten die Argumente der anderen nicht akzeptieren können und wollen.

Die ganze Debatte um die Reform läuft derzeit gegeneinander, ein gemeinsames Abwägen von Risiken und Chancen findet nicht statt. Das ist schade und wenig bis gar nicht hilfreich. Der Bürgerdialog ist wichtig, nach wie vor, doch so wie er von beiden Seiten initiiert wird, wird er scheitern und damit scheitert die Stadt Frankfurt und alle anderen kreisfreien Städte Brandenburgs und das Land selber auch.