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Stadtleben

Kommentar zum Einzelhandels- und Zentrenkonzept/ Innenstadtentwicklung für Frankfurt (Oder)

Es war mal wieder an Herrn Derling sein “Einzelhandels- und Zentrenkonzept” (PDF weiter unten zu finden) vorzustellen, die Tribüne im Rathaus ist überfüllt, mit durchaus interessierten Bürgerinnen und Bürgern der Stadt Frankfurt (Oder). Viele bekannte Gesichter aus der Südringcenter Diskussion und die hatten zum Ende der Sitzung noch ein Highlight parat, eine Petition zum Erhalt des Südring Centers an die SVV mit jetzt schon 4000 Unterschriften, nicht schlecht. Also los, Sonderausschusssitzung der Ausschüsse für Stadtentwicklung, Verkehr, Umwelt und Wirtschaft, Arbeit, Ordnung zum Thema “Einzelhandels- und Zentrenkonzept/ Innenstadtentwicklung”.  Eine Diskussion war nicht erwünscht und es handelt sich zwar um ein gesamtstädtisches Konzept, aber es wurde nur über die Innenstadt gesprochen. Die Leute aus Süd müssen sich doch verarscht vorgekommen sein.

Als erstes sprachen Ulrich Kollatz und Silvia Horn von der BBE Handlungsberatung Leipzig. Das zog sich alles wie Kaugummi hin. Erst mal haben sie den AusschussmitgliederInnen und anwesenden BürgerInnen die Konsum und Einkaufssituation in der Stadt Frankfurt erklärt. Ein unglaublicher Zahlensalat, den man nur nach Vollziehen konnte, wenn man das Konzept zur Präsentation in der Hand hatte. Schlimm fand ich auch die Ausarbeitung der Präsentation, die war aus der letzten Reihe nicht mehr lesbar. Nach diversen Wortspielereien kam dann auch noch was brauchbares an Inhalten. Aber erst mal mein Highlight aus den Wortspielereien: “Bummelmeile mit namhaften Filialisten und regionaler Identität” fehlte jetzt nur noch die Buchstabenanzahl und das Kreuzworträtsel wäre perfekt gewesen, es sind 10 Buchstaben.

Aber ich schweife ab, kommen wir zu den brauchbaren Inhalten:

Zitat Ullrich Kollatz: “Gut, dass wir jetzt über Entwicklung reden. In zehn Jahren ist für Frankfurt der Zug abgefahren.”

Also ganz ehrlich, man hätte in dieser Stadt schon vor mehr als 10 Jahren über die Innenstadt vernünftig reden sollen und sich nicht solche Betonklötze wie die Lennepassage und das Kaufland hinsetzten lassen sollen, welche aus meiner Sicht, individuelle Denkmäler zweier ehemaliger Politisch Verantwortlicher sind dieser Stadt sind.

Beim lesen des Konzeptes viel mir schon auf, das die Leipziger Firma ein ganz ordentliches Problem mit dem Standort des SMC hat:
Silvia Horn schreibt dem Einkaufszentrum SMC eine besondere regionale Ausstrahlung zu. „Ja und Nein“ Frau Horn, das SMC hat nicht nur eine besondere, sondern auch eine enorm wichtige Rolle auf ihre sogenannten “Regionalen Kaufkraftströme” (siehe Konzept S.6).

Wenn man ihrer Meinung nach zur Perspektive des SMC, keine weiteren Zulassungen von Ansiedlungen für „zentrenrelevante Angebote“, wie beispielsweise Bekleidung macht und die Stadt ihrerseits klare “Funktionszuweisungen” für die Innenstadt und das SMC macht, verliert dieser Standort an Attraktivität, ohne dass dabei ersichtlich wird, was das für die Innenstadt zum jetzigen Zeitpunkt bringen soll.
Für mich klingen diese “Funktionszuweisungen” etwas sehr nach Planwirtschaft 2.0, bzw. wir holen uns die sogenannten “Zentren und nahversorgungsrelevante Sortimente” (Konzept u.a. S.57) in die Innenstadt und ziehen sie gleichzeitig aus den umliegenden Stadtteilen, hier im speziellen dem “SMC”, ab und hängen somit alle anderen Stadtteile von der Versorgung ab und lassen sie gewollt unattraktiv für die Bewohner, Einzelhändler und Investoren werden.

Soviel zu den Ideen und Vorstellungen aus Leipzig. Kommen wir jetzt zu dem was sich die Düsseldorfer Brune Consulting so ausgedacht hat. Für sie anwesend waren Walter Brune und Wolfgang Bays.

Ich zitiere mal Walter Brune: “Die Stadt muss sich ein neues Herz geben. Das größte Kapital der Stadt sei ihre Lage am Fluss, die Europa-Universität und die Stadtbrücke. Dieses müsse man städtebaulich nutzen. Frankfurt habe daneben so viele charmante Punkte, wie die Marienkirche, das Rathaus und die Oderpromenade. Diese müsse man miteinander verknüpfen. Die Stärkung des Einzelhandels in der Innenstadt ist dabei nicht Selbstzweck. Handel ist auch ein großer Kommunikationsfaktor. Man trifft beim Shoppen Leute und möchte auch etwas erleben, Beispielsweise im Oderturm fehlt der Wohlfühlfaktor.”

Yes, alles richtig, eins setzten!

Doch dann bei der weiteren Vorstellung ihrer Ideen, dachte ich mir so, wer hat die beiden eigentlich durch die Stadt geführt? Laut eigener Aussage waren sie rund um Ostern 2013 hier. Da kamen dann so Ideen wie ein neues Hotel in der Innenstadt zu bauen. Mal ehrlich, wenn ich hier schon zwei renommierte Architekten durch die “Innenstadt” führe, hätte ich ihnen vielleicht mal die Innenstadt etwas weitläufiger gezeigt. Weil etwas Südlich vom Oderturm gibt es zwei Hotels, welche sicherlich auch von einer attraktiveren Innenstadt profitieren würden. Ganz groß fand ich ja die Idee mit der Schule neben dem Rathaus, was haben die Stadtverantwortlichen den beiden eigentlich erzählt? “Es gibt da dieses eine Schulgebäude, aber das wollen wir abreißen, weil Kinder kein Geld in die Innenstadt bringen”?

Also an einigen Stellen hab ich mir da schon gedacht, wow die zerreißen dem Herrn Derling ordentlich seine Innenstadt Abrisspläne, die er bis jetzt so gemacht hat. Und ja, der Erhalt der Schule im Zentrum ist enorm wichtig für die Innenstadt, speziell wenn man da auch neue Wohnungen errichten möchte bzw. das Wohnumfeld attraktiver gestalten will.

Der Brunnenplatz, ja der soll, nach den Vorstellungen der Herren Architekten, alles im allen irgendwie kuschliger werden. Sehe ich auch so da geht mehr, irgendwie Kommunikativer und vielleicht so, dass man sich auf Kundgebungen im Winter nicht gleich eine Erkältung holt.

Die Ideen zur Magistrale: Die Straßenbahn in der Karl-Marx-Straße wollen sie in eine Grünzone einbetten. Und die Magistrale somit von einer “Aufmarschstraße zu einer Stadtallee” machen. Finde ich gut, hätte man auch schon früher drauf kommen können, wofür haben wir eigentlich Stadtplaner in der Verwaltung?

Kommen wir mal zu den Ideen, welche da um die Slubicer Straße entwickelt wurden. Informativ wurde der Abriss der Alten Grenzanlagen beschrieben, money quote: “die haben damals alles an Baumaterialien verbaut, was es nach der Wende gab”. Yes, wenn die Stadt was bauen lässt, ist es in der Regel unbezahlbar, völlig nutzlos und völlig überdimensioniert.

Und für mich haben sich die Ideen zur Nutzung der Slubicer Straße auch so angehört, auf dem “Brückenplatz” sowie auf der linken Brückenseite soll nach Vorstellung der Düsseldorfer eine Art „Mall“ entstehen, das sind diese amerikanischen Einkaufszentren, also im Prinzip eine Art SMC links und rechts von der Stadtbrücke. Hm, kann ich mir nicht vorstellen, bin ich ehrlich gesagt zu pessimistisch. So was hätte man machen sollen als man das SMC aus dem Boden gestampft hat. Jetzt die gewachsen Handelsstrukturen am SMC angreifen, find ich nicht so toll, so etwas könnte man machen wenn die Einwohnerzahl auf 35.000 runter geht. Dann macht diese Zentralisierung für mich Sinn, aber zurzeit eher nicht.

Eine ähnliche Idee zur Gestaltung der Slubicer Straße brachten die Architekten Ulrich de Pay und Ferdinand Locher, Entwickler und Investor bei der Schweizer Gruppe P.arc Real Estate und Itten+Brechbühl AG mit. Sie wollen da auch ein “Fachmarktzentrum” entstehen lassen mit etwa 27 000 Quadratmeter Bruttogeschossfläche.

Damit wird eine Idee wieder aufgegriffen, die es vor dem Bau des Kaufland-Komplexes an der Heilbronner Straße unter dem Namen “Messhöfe” gab und genau dieselbe Idee in den Raum geworfen, die es mit der Entstehung des “SMC” vor 20 Jahren schon mal gab. Die älteren FrankfurterInnen werden sich bestimmt an diese Diskussionen erinnern, als es darum ging ein Einkaufzentrum an der Grenzbrücke oder eben im Nordteil der Stadt auf dem Gelände der alten Baumschule zu errichten.

So richtig Unklar ist allen vier Architekten, wie dann da die Verkehrsströme auf der Slubicer Straße gelenkt werden sollen, vielleicht über einen Kreisel in Richtung Süden, wo auch das Fachmarktzentrum entstehen könnte, kam da als Idee.
Da hätten sich die Herren Architekten nochmal die Verkehrszahlen genau ansehen sollen. Das wird auch mit einem einfachen Kreisel nicht effektiv zu machen sein, da die Straße jetzt schon an der Auslastungsgrenze ist. Es sei denn, man fokussiert eine Verbreiterung, so wie das da auf einer der Grafiken gezeigt wurde. Das heisst dann aber auch, das da noch einige Wohnhäuser verschwinden müssen u.a. im Bereich Kleine und Große Oderstraße, dieser L-Komplex mit ca. 150 sozial Wohnungen. Diese würden dann abgerissen und die MieterInnen aus dem Stadtzentrum verdrängt werden. Hey, das ruft bestimmt den einen oder anderen Gentrifizierungsgegner auf den Plan.
Und mal ehrlich eine Umsiedlung von mehr als 150 EinwohnerInnen, ich glaub da hat jemand die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Wohin eigentlich? In die P2 Blöcke, die schon lange abgerissen sind? Man munkelte auch am Dienstag schon dass die Stadt ein Kaufinteresse an den Wohnungseigentümer geschickt hat.

Ganz lustig fand ich ja auch, dass da die Idee mit der Straßenbahn über die Brücke wieder aufgegriffen wurde. Genau an dem Punkt wird eigentlich klar, was das vielleicht alles soll. Da baut sich jemand auf der Slubicer Straße ein Denkmal. Ob das langfristig für die Stadt sinnvoll ist, sei mal dahingestellt.

Aber es riecht sehr danach, dass die großen Architektur und Planungsfirmen nur deswegen beauftragt wurden sich mal um die Innenstadt Gedanken zu machen. Ganz ehrlich es wurden oft Vergleiche gezogen mit Großstädten wie z.B. München und Düsseldorf. Herr Derling hat wohl ernsthaft immer noch diese Allmachts- Großstadt-phantasien im Kopf, unglaublich. Wie wäre es, wenn mal auf kleinere Städte geguckt wird, was die so machen mit ihrer Innenstadt und auch wie die ihre Universitäten mit ins Stadtleben einbinden. Mir fällt da spontan z.B. Göttingen ein.

Aber diese Ideen und Konzepte der Architekten enthalten ja eher Anregungen als konkrete Projekte und sollen nur die Grundlage für die weiteren Planungen der Stadt sein. Die Frankfurter Innenstadt muss natürlich attraktiver werden, um als Zentrum wahr- und angenommen zu werden. Dazu reicht es aber eben nicht aus festzustellen, an welcher Stelle im Zentrum eventuell neue Einzelhandelsflächen entstehen sollen oder vorhandene aufgewertet werden sollen. Weil es gibt nur die vorhandenen Flächen, das ist allen die hier zu tun haben bekannt und mit denen muss halt gearbeitet werden. Es müssen vor allem brauchbare Konzepte her, mit denen sich Investoren, Handels-unternehmen und Kunden an die Oder locken lassen.

1 Kommentar

  1. Ulrich de Pay

    Vielen Dank für Ihr ehrliches Statement, das ich leider erst heute und auch nur per Zufall sehe. Eine weitergehende Diskussion halte ich für angebracht, schon auch um FFO auf die Beine zu helfen (es ist in der Tat bitter nötig), auch wenn wir nicht in allem einer Auffassungs sein sollten.
    Falls Sie an einem wahren Meinungsaustausch interessiert sein sollten, bitte ich Sie, sich unter meiner E-Mail – Adresse an mich zu wenden.
    Sollten Sie diese nicht einsehen können, bitte ich Sie, bei Herrn A. Rein (Stadt FFO) nachzufragen. – Im Voraus vielen Dank!