:: Politisches aus Frankfurt (Oder) ::

Stadtleben

Die Vermählung zweier Städte – oder: warum Bäume auf der Oderbrücke?

Wird sein Musik, sagte der rumänische Akkordeonspieler, und: wird sein Tanz. Doch zu hören war seine Melodie schon nicht mehr, wenige Tage vor der ersten Mainacht, in der verliebte Jünglinge einen Baum, zum Zeichen ihrer Zuneigung, vor dem Haus der Auserkorenen aufstellen. Denn schon Tage zuvor, als konnten sie nicht länger warten, stellten sich die Verliebten gegenseitig Bäume vors Tor.

Eine Hochzeit wurde es, ein Tag, an dem zwei Städte das ewige Band knüpften — und, auf daß es ewig sei, ja, auf daß es wachse, daß es gedeihe, war es – aus Bäumen. Schon zuvor hatten die großen Mittler im Hintergrund Sorge getragen für eine sichere Verbindung, für ein unzertrennliches Band der Freundschaft, während die zaghaft Liebenden Blumentöpfe gewannen, ganze 36 an der Zahl, weiß und groß. So groß, daß nicht Blumen sondern Bäume in ihnen Platz finden würden.

Unbekannte von fernen Inseln schickten, in ihrer Freude, 750 frühlingshaft sprießende Kirschenbäume, und die stattlichsten unter ihnen sollten schließen das blühende Band, ein Spalier für die Ehrengäste der Trauung. Wird sein Musik, sagte der rumänische Akkordeonspieler, denn wer über die Brücke will gehen… und so drehte sich im Tanzschritt ein Ballett von Baumaschinen, schwenkte Bäume in kantige weiße Tröge, zerdrückte unter festem Tritt gefallene Blütenblätter, zog eigenwillige Kreise und fand doch stets zur Formation zurück.

Am Ende des Tages war alles geschafft, die Spuren beseitigt, nur die weiß beflorten Kronen der Kirschen wiegten sich auf der Brise. Nach dem Fest fiel keinem mehr auf, daß der Akkordeonspieler an diesem Tag nicht zum Spielen gekommen war.