:: Politisches aus Frankfurt (Oder) ::

Stadtleben

Funken ohne Störung – Brückenverschiebung erst im Oktober

Während an der neuen alten Stadtbrücke derzeit die Schalungen für die neuen Pfeiler im Fluß zusammengefügt werden, in den so entstandenen tiefen, schmalen Löchern Stahldraht geflochten wird und immer wieder Betonmischer vorfahren, um ein Fundament zu vergießen, atmen Anetta Kostrzewska und ihr zukünftiger Gatte auf: die Verschiebung des neuen Brückenoberbaus findet nicht am Wochenende ihrer Heirat statt. Ebenfalls erleichtert: Jörg Reim von den Frankfurter Amateurfunkern. Der immerwährende Grenzgänger bemerkte den schlichten Zettel mit einer Information des Bundesgrenzschutzes beim täglichen Grenzübertritt sofort und freute sich innerlich sehr. Plante er doch zusammen mit seinen Frankfurter und Słubicer Kollegen, an jenem Wochenende das erste Deutsch-Polnische Amateurfunkertreffen in Kliestow durchzuführen. Aber wie hätten die Gäste “aus Polen und aller Welt” über die Oder kommen sollen? Sicherlich hätte man eine Lösung gefunden, vielleicht hätte man eine Shuttle-Verbindung über die Autobahnbrücke eingerichtet, aber nun können die Gäste ungehindert die Stadtbrücke passieren und Jörg Reim ist es noch gegeben, jeden Abend nach Słubice zu gehen, um dort seine Runde zu drehen. Der gelernte Halbleiteringenieur liebt diese Stadt, sie zieht ihn an, weil sie exotisch und doch vertraut ist. Überall trifft man den hageren Mann mit der tiefen Stimme. Immer wieder taucht er im Stadtbild auf und wieder ab. Er ist neugierig und zurückhaltend zugleich. Er ist bereits Teil des Grenzlandes geworden, dass gerade im Entstehen begriffen ist. Deshalb verwundert es gar nicht, dass er kürzlich an der Grenze in seiner dunklen Jeans und einem karierten Hemd für einen “polnischen Bürger” gehalten wurde. Seine Person entzieht sich einer genauen Zuordnung. Weniger schön ist, dass ihn der Mitarbeiter des deutschen Zollamtes im festen Glauben, Reim verstehe ihn nicht, mit unschönen deutschen Worten bedachte. Der Grund war wiederum kein neuartiger: Jörg Reim war ohne funktionierende Fahrradbeleuchtung unterwegs. Was in Frankfurt oder Słubice vielleicht straflos durchgeht, wird an der Grenze mit Strenge geahndet. Dabei haben sich einige Beamten darauf spezialisiert, die Paß- und Zollabfertigungsanlagen zu einem Verkehrskontrollpunkt, ähnlich den GAI-Stationen bei der Einreise in einst sowjetische Städte, umzuwandeln. Auch Reim kennt das Spiel, dass nach Einbruch der Dunkelheit droht, nun kennt er auch den Verlauf des Dramas, wenn er für einen Polen gehalten wird. Nach dem Vorzeigen seines Personaldokumentes wurde ihm erlaubt, dass Fahrrad nach Deutschland zu schieben