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Stadtleben

Fremdwahrnehmung und Selbstschutz – von einer imaginären Grenze

Heute möchten wir die Leserschaft an beiden Ufern des Flusses auf eine erfolgreiche Strategie im Umgang mit der eigenen Angst beim Überwinden von imaginären Grenzen aufmerksam machen. Sollten Sie eines schönen Tages aufbrechen, um die Brücke zu überqueren und in eine neue, andere, vielleicht schönere oder auch grausamere Welt zu gelangen — achten Sie auf Ihr Handgepäck! In der früheren Friedrichstraße und heutigen ul. Jednosci Robotniczej wurde kürzlich eine anthropologische Feldforschung zum Thema: “Fremdwahrnehmung und Selbstschutz in einer polnischen Fußgängerzone während der Transformation von einer Zigarettenstraße zu einer Einkaufsmeile” durchgeführt. Sie zeigten, daß viele weibliche Besucher aus Deutschland kurz nach Überquerung der Brücke die Initiative ergreifen und sich vor potentiellen Taschendieben schützen. Dabei wurden zwei Techniken beobachtet, die den Lesern von slubice.de & frankfurt.pl nicht vorenthalten werden sollen.

Variante eins beruht auf der Entscheidung, die Handtasche mit Schwung über den Kopf zu werfen, um so eine Flucht des imaginären Diebes zu verhindern: er wird so gezwungen, die Dame noch vor ihrem möglichen Besuch beim Friseur mit zu entwenden. Aber welcher polnische Dieb möchte schon eine deutsche Friseurtouristin, zumal sich diese zumeist in beigefarbener Kleidung durch das Nachbarland bewegt, mit nach Hause nehmen. Diese Technik ist somit sehr wirksam, führt aber zu einer leichten ästhetischen Verirrung. Variante zwei ist einfacher, erfordert aber einen Dauereinsatz der Muskulatur um das Handgelenk: das feste Umschlingen der Tragegriffe. Egal ob mitgeführter Baumwollbeutel, Handtasche oder Dederonnetz: wenn man es einmal um das Handgelenk legt und fest zugreift, ist man schon fast auf der sicheren Seite. Aber Vorsicht: was, wenn sie gerade Ihr getauschtes Geld einstecken wollen, was, wenn sie beim Gemüsehändler selbst die Tomaten auswählen wollen? Deshalb empfiehlt slubice.de & frankfurt.pl: entspannen Sie sich. Überqueren sie die Grenze voller Genuß, lassen Sie sich Ihre Aufregung nicht ansehen.

Im Kreise der polnischen Grenzgänger sind die Techniken nicht so raffiniert, wie die der deutschen Nachbarn. Sie beruhen weniger auf Technik, als auf bloßen Materialentscheidungen. So begeben sich viele polnische Einkaufstouristen ohne Handtasche nach Frankfurt und kehren mit vielen Plastiktüten zurück. Den möglichen Verlust einer ALDI- oder PLUS-Tüte verkraftet jeder Besucher, denn er kann sich zumindest die Mehrwertsteuer wieder zurückerstatten lassen.